Die Rauhnächte – die Zeit zwischen den Jahren
Die wenigsten Menschen setzen sich heute noch aktiv mit den Rauhnächten auseinander. Was auf dem Land vielleicht noch ein bisschen bekannt ist, kennt man in den Städten maximal vom Hörensagen. Dabei steckt in dieser Jahreszeit so viel Magie, die man für den eigenen Alltag nutzen kann.
Ich sage euch ganz ehrlich – bevor ich mich intensiver mit Kräutern, Räuchern und den alten Traditionen aus unserer Kultur auseinanderzusetzen begann, waren die Rauhnächte auch für mich kein Begriff. Ich wusste zwar, dass meine Mutter immer sagt, man darf keine Wäsche waschen zwischen Weihnachten und Neujahr, um keine „bösen Geister“ ins Haus einzuladen. Aber darüber hinaus wurden die Rauhnächte bei uns nicht zelebriert.
Rauhnächte – ihr Ursprung
Die Rauhnächte beschreiben in den meisten Regionen die Tage zwischen Heilig Abend und dem Dreikönigstag, also von 25.12. bis 5.1. jedes Jahr. Sie umfassen die letzten 6 Nächte des alten und die ersten 6 Nächte des neuen Jahres. Anders als oft angenommen haben die Rauhnächte weder etwas mit Weihnachten noch mit der Wintersonnenwende zu tun, sondern mit dem Mondjahr. Bei unseren europäischen Vorfahren wurde die Differenz zwischen den 12 Mondzyklen eines Jahres und dem Sonnenjahr nämlich mit 11 Schalttagen ausgeglichen. (Das Mondjahr umfasste 354 Tage während das Sonnenjahr 365 Tage lang war.) Die Rauhnächte bezeichnen die Nächte um diese 11 Schalttage, die für die Kelten eine Zeit außerhalb der Zeit waren – und damit eine Zeit großer magischer Kraft.
Der Begriff „Rauhnächte“
Wo der Ursprung des Namens „Rauhnächte“ genau liegt, ist nicht bekannt. Zum einen wird oft die Assoziation zum Räuchern – also Rauch – gesetzt. Zum anderen könnte der Name aber auch von der eher rauen Jahreszeit her rühren. An den Tagen zwischen den Jahren kann man häufig nächtliche Nebelschwaden beobachten, was wiederum als Rauch gedeutet wurde. Es könnte sich aber auch vom mittelhochdeutschen Wort „rûch“ herleiten, das so viel wie „haarig“ bedeutet. In der Zeit der Rauhnächte wurden in der keltischen Tradition vermehrt Tieropfer dar gebracht und Menschen liefen mit Fellen bekleidet zur Abschreckung böser Geister durch die Dörfer.
Die Rauhnächte und die Anderswelt
Während der Rauhnächte stehen nach alter keltischer Folklore die Tore zur Anderswelt weit offen und Naturgeister spinnen die Schicksalsstränge für das kommende Jahr. Das erleichtert die Verbindung mit Ahnen, Geistern und Göttern. Der Sage nach ritt der Gott Odin mit seiner wilden Schar aus Geistern und Ahnen in den Rauhnächten umher. Deshalb war es auch untersagt, während dieser Zeit Wäsche draußen aufzuhängen, denn darin konnten sich die Ahnen verfangen und so an der Rückkehr in die Anderswelt gehindert werden.
Die Rauhnächte wurden als eine Zeit angesehen, in der man sein Schicksal neu gestalten konnte. Während dieser Zeit wurde früher viel orakelt, Rituale abgehalten und geräuchert, um Unerwünschtes zu vertreiben.
Frau Perchta
Das weibliche Pendant zu Odin bei der wilden Jagt ist übrigens Perchta, die Wintergöttin und Herrin der Rauhnächte. Sie ist die weibliche Anführerin der wilden Jagd, die durch das vielerorts vorherrschende Patriarchat leider in den Hintergrund gedrängt wurde. Auch ihre Regeln bestimmen in vielen Traditionen die Zeit der Rauhnächte und verbieten Frauen z.B. das Spinnen oder das Waschen von Wäsche – alle Räder sollen stillstehen. Verstößt man gegen ihre Regeln, wird man der Sage nach von Perchta bestraft. Auf der anderen Seite belohnt Perchta auch Fleiß und Hilfsbereitschaft. In dem Märchen „Frau Holle“ tritt sie als alte Frau in Erscheinung, die die fleißige Marie mit Gold überhäuft, während die faule Schwester nur Pech als Lohn bekommt. In einigen Regionen der Alpen lebt der Brauch um die Wintergöttin Perchta und ihre wilde Horde noch weiter. Hier treiben sogenannte Perchten, schauringe gestalten mit zottigem Fell, fratzenhaften Masken und Hörnern am Kopf, mit ihren Rasseln und Glocken den Winter, böse Geister und das alte Jahr aus. Auch kontrollieren sie mancherorts die Häuser auf Sauberkeit und Ordnung, wie es die Göttin Perchta der Sage nach auch tut. Die schaurig anmutenden Perchten treten hauptsächlich bei Dunkelheit auf, begleitet von imposanten Feuershows während der Perchtenläufe. In einigen Regionen gibt es dazu das Pendant der Schönperchten – gute Geister, die Tagsüber unterwegs sind, um den Leuten Glück und Segen zu wünschen. Perchten treten traditionell während der Rauhnächte in Erscheinung. Am Glöcklertag, dem 5. Januar, endet mit der letzten Rauhnacht auch die Zeit der Perchten.
Die spirituelle Bedeutung der Rauhnächte
Nach dem keltischen Glauben vereinen die Rauhnächte die Essenz des kommenden Jahr in sich. Darum sollte man diese Zeit wachsam und vorsichtig begehen. Nach dem Verständnis unserer Vorfahren ist jeder Schöpfer seines eigenen Schicksals und kann in den Rauhnächten die Weichen für das zukünftige Jahr stellen. Man kann die Rauhnächte also als Zeit einer bewussten Einkehr nutzen, um mit bestimmten Themen Frieden zu schließen und alte Laster abzulegen. Darum wurde zu dieser Zeit früher nach Möglichkeit auch nicht gearbeitet, sondern die Zeit mit Feiern und der Familie verbracht.
Räuchern als traditionelle Reinigung
Außerdem wurden die Rauhnächte genutzt, um auf feinstofflicher Ebene bewusst zu Reinigen. Das ist auch der Brauch, den einige von uns heute noch kennen und leben. Seit vielen Jahrhunderten wird während der Rauhnächte, rund um Weihnachten und zum Drei-Königs-Tag verstärkt geräuchert. Erst traditionell mit heimischen Kräutern wie z.B. Wacholder, Bilsenkraut oder Holunderrinde, später hauptsächlich durch den christlichen Einfluss mit Weihrauch und Myrrhe. Durch das Räuchern sollten unerwünschte Energien, böse Geister und Krankheitserreger vertrieben werden.
Wenn ihr auf feinstofflicher Ebene sensibel seid, könnt ihr die Auswirkungen des Räucherns selber für euch spüren. Wer es handfester möchte – durch die beim Räuchern freigesetzten ätherischen Öle wird die Luft gereinigt und desinfiziert. Räuchern wurde z.B. lange Zeit in Krankenhäusern und Kirchen eingesetzt, um die Ausbreitung von Krankheiten einzudämmen. Noch heute arbeiten viele Ärzte mit der desinfizierenden Wirkung von ätherischen Ölen und haben in ihren Praxen meist Öllampen oder Aroma-Diffuser stehen.
Die Rauhnächte heute aktiv begehen
Für mich sind die Rauhnächte eine Zeit, die ich aktiv begehen und auf die ich mich bewusst einlassen möchte. Abgesehen vom Räuchern versuche ich jedes Jahr, mich für die Magie der Rauhnächte zu öffnen und mich ganz bewusst darauf einlassen. Ich setze mich noch intensiv mit den Themen und Bedeutungen der einzelnen Tage bzw. Nächte in der Zeit zwischen den Jahren auseinander, und notiere meine persönlichen Erfahrungen, Wünsche und meine Träume in dieser Zeit.
Das Ritual der 13 Wünsche
Schreibe zur Wintersonnenwende 13 positive und erfüllbare Wünsche auf einzelne Zettelchen. Falte diese und bewahre sie in einem Gefäß auf. In jeder Rauhnacht, also von 24.12. bis 5.1. ziehst du einen Zettel und verbrennst ihn an einer Kerze oder in einem Lagerfeuer, ohne ihn vorher zu lesen. So schickst du deine Wünsche ins Universum, damit sie hoffentlich erfüllt werden. Kombiniere das gerne mit einer Räucherung.
Am 6. Jänner ist dann noch ein Wunsch übrig. Diesen Zettel öffnest du selbst. Versprich dir vorher, dich im kommenden Jahr aktiv und bewusst um die Erfüllung dieses letzten Wunsches zu kümmern.